Wie wir seit coldmirrors informativem Video wissen, sind „brutale Killerspiele“ eigentlich der Grund für alles… aber das wars nicht, worüber ich schreiben wollte. 😉 Stattdessen wollte ich was gegen den Horror Vacui unternehmen und unseren ersten Eintrag an den Start bringen… aber was für ein Thema nimmt man für den ALLERLALLERERSTEN Beitrag in einem niegelnagelneuen Blog…? Am besten ein Grundsatzthema!
Ich habe mich also voller Enthusiasmus an das Projekt gewagt, mein Leben zu „deplastifizieren“ – und obwohl ich es nicht an die große Glocke hängen wollte, ist das Thema inzwischen doch in einem Gespräch mit zwei Kommilitonen angeschnitten worden. Leider muss ich sagen, ich habe wohl meinen Standpunkt nicht besonders gut vertreten – um genau zu sein, ging es um den Grund, warum ich meinen Mixer nicht mehr so gern benutze, seit ich weiß, dass er Bisphenol A enthält. Mehr dazu in einem anderen Beitrag, aber meine beiden Gesprächspartner waren wohl eher amüsiert als überzeugt von meinem Argument, dass BPA im Verdacht steht, unfruchtbar zu machen („Und wann? In 80 Jahren? Dann ist mir das egal.“).
Weil es mich selbst frustriert hat, dass meine Argumente so unstrukturiert sind, dass mir nie im richten Moment die richtigen einzufallen scheinen, versuche ich es jetzt also noch mal – eine Aufstellung aller Gründe, warum ich mich entschlossen habe, meinen Plastik-„Konsum“ so weit wie möglich herunterzufahren.
Aber bevor ich damit anfange, sollte ich vielleicht noch etwas erwähnen, was ich für sehr wichtig halte (grade weil ich vielleicht manchmal gegen meine eigenen Prinzipien verstoße): Es ist nicht mein Ziel, die Lebensweise von anderen zu be- oder verurteilen. (Obwohl ich für manche Verhaltensweisen wirklich seeeehr wenig Verständnis habe.)
Was ich mache, ist hauptsächlich darauf ausgerichtet, mein eigenes Leben besser zu machen, die Schritte zu unternehmen, die ich für richtig halte, um der Erde im allgemeinen etwas Gutes zu tun, und vielleicht, aber hoffentlich ohne aufdringliche Predigten, andere zum Nachdenken anzuregen.
Lustigerweise sind vielleicht die am leichtesten unmittelbar zu beobachtenden Auswirkungen meines persönlichen „No Plastic Project“s solche, die mich ganz persönlich betreffen:
– Es macht mir Spaß, nach unkonventionellen Alternativen für scheinbar unumgängliche Alltagsprodukte zu suchen.
– Es stärkt das Selbstvertrauen, dann auch welche zu finden – Plastik ist vielleicht allgegenwärtig, aber ich bin NICHT völlig ohnmächtig dagegen!
– Eine Wette mit mir selbst abzuschließen, bringt mich dazu, kommunikativer und selbstbewusster aufzutreten. Gerne zweifle ich sonst jede meiner Handlungen an und drehe alle meine Worte im Kopf so lang hin und her bis ich am Ende ganz wirr im Kopf bin davon, dass ich mir einrede, alles falsch gesagt oder getan zu haben… nicht, dass ich das nicht immer noch täte, aber es wird besser, je öfter ich übe, das einzufordern, was ich haben will – und da ist es schon ein Anfang, bei EDEKA an der Käsetheke mit der Verkäuferin zu diskutieren…
– In vielerlei Hinsicht spare ich Geld – einfach, weil ich Dinge selber mache oder auf unnötige Snacks usw. verzichte (was nicht heißt, dass nicht manchmal mein süßer Zahn mich überwältigt… *hust*).
Aber das sind natürlich nicht die Gründe, warum ich überhaupt auf die Idee gekommen bin, ausgerechnet Plastik zu vermeiden. Ansonsten könnte ich ja genauso gut beschließen, mich nur noch von blauen Lebensmitteln zu ernähren… Damit hätte ich wohl, bis auf den Spareffekt, auch alle obenstehenden Dinge erreicht.
Aber die Gründe, die für mich gegen den „Konsum“ von Plastik sprechen, sind viel tiefgreifender:
– Vielleicht am offensichtlichsten: „Plastik“ meint in den allermeisten Fällen (und zwar in denen, deretwegen ich es vermeiden will) einen Kunststoff, der aus Erdöl hergestellt wurde. Es gibt zwar auch sog. Bioplastik, das aus nachwachsenden Rohstoffen besteht, aber in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle führt kein Weg daran vorbei, dass eine der begehrtesten nicht-erneuerbaren Ressourcen unseres Planeten aufgezehrt wird.
– Gesundheitsbedenken I: Es stimmt natürlich, dass viele gesundheitlich bedenkliche Stoffe sehr langsam wirken und die negativen Folgen, die dann auch wirklich zum Ausbruch kommen, gemessen an der Zahl der Menschen, die jeden Tag mit Plastik in Berührung kommen (die allermeisten, zumindest in Konsumgesellschaften wie unserer, würde ich mal behaupten), relativ gering ist. Außerdem ist nicht jedes Plastik gleich „gefährlich“. Aber will ich mich wirklich dem Risiko aussetzen, Stoffe aufzunehmen, die mit Gesundheitsproblemen wie Übergewicht, Diabetes und Unfruchtbarkeit in Verbindung gebracht werden? Warum sollte ich – so lange es Alternativen gibt? Und dass ein Stoff als unbedenklich eingestuft wird, heißt leider noch lange nicht, dass er das auch mit hundertprozentiger Sicherheit ist – das ist schon allein daraus ersichtlich, dass beispielsweise Bisphenol A in den USA als viel bedenklicher wahrgenommen wird als in der EU. Natürlich ist das auch kein „Beweis“, dass es wirklich schädlich ist – aber immerhin existieren Studien, die darauf hinweisen. Eigentlich will ich nicht das Versuchskaninchen sein, das ausprobiert, ob sie Recht haben.
– Gesundheitsbedenken II: giftige Stoffe, die in einem Produkt enthalten sind – egal wann und wie sie eventuell wieder freigesetzt werden – müssen irgendwann einmal rein. Möglicherweise sind die Menschen, die dieses Produkt herstellen, ausreichend dagegen geschützt – möglicherweise aber auch nicht, gerade, wenn es in einem Billiglohnland hergestellt wird, wo das Hauptaugenmerk auf möglichst niedrigen Kosten liegt. Will ich wirklich Produkte kaufen, die auf Kosten der Gesundheit anderer hergestellt wurden?
– Umweltprobleme: „Der Great Pacific Garbage Patch rotiert zwischen Nordamerika und Asien. Dabei zirkulierten Anfang 2008 etwa 100 Millionen Tonnen Kunststoffmüll (mit steigender Tendenz) in dem Müllstrudel.“ Dieses Zitat stammt aus dem Wikipedia-Artikel „Plastikmüll in den Ozeanen“, der selbst relativ kurz und knapp daher kommt, aber ein paar interessante Links zum Weiterlesen angibt. Selbst, wenn man die Gefahr, dass aus all diesem Müll Giftstoffe herausgelöst werden und über Fische und Meeresfrüchte in unseren eigenen Stoffwechsel gelangen, einmal außer Acht lässt – an diesem Phänomen will ich mich nun wirklich nicht beteiligen. Bisher habe ich mich immer noch damit getröstet, dass solche Müll-Strudel ja sicherlich nicht von unserem „normalen“ Zivilisationsmüll gespeist werden – aber laut diesem Artikel gelangt der größte Teil des Kunststoffabfalls im Meer vom Festland aus dorthin.
Und warum ist der Müll im Meer nun so ein riesiges Problem? Wie gesagt, eventuelle Giftstoffe – potentiell erbgutverändernd und krebserregend – sind ein Punkt. Dazu zählen nicht nur solche, die sich mit zunehmender Abnutzung aus dem ursprünglichen Plastik herauslösen, sondern auch Gifte, die sich auf der Oberfläche herumtreibenden Plastik-„Planktons“ anreichern. Ein anderer Punkt ist, wie Meerestiere direkt davon betroffen sind: nicht wenige davon fressen nämlich herumtreibendes Plastik, das sie irrtümlicherweise für Plankton oder sonstiges Futter halten, können es logischerweise nicht verdauen und verhungern dann irgendwann mit vollem Magen. NOCH etwas, das ich lieber nicht mit verursachen will.
Und habe ich schon verstopfte Fischernetze und blockierte Schiffsschrauben erwähnt? Von plastikübersäten Sandstränden ganz zu schweigen.
– Entsorgung: In Deutschland wird schließlich sämtlicher Müll recycled – also kein Problem, wenn wir immer mehr davon verursachen, oder? Irrtum. Wenn ich mir die Publikation „Aufkommen und Verwertung von Verpackungsabfällen in Deutschland im Jahr 2008“ (eine neuere Version habe ich leider nicht gefunden) anschaue, dann heißt es da, bei Kunststoffen liege die Rate der „stofflichen Verwertung“ bei knapp 47 Prozent. Wer es besser weiß, mag mich korrigieren, aber heißt das nicht, nicht einmal die Hälfte des produzierten Kunststoff-Abfalls wird recycelt? Der große Rest landet in Müllverbrennungsanlagen – und was dann noch übrig bleibt, würde ich mal populistisch behaupten, auf der Straße. Jedenfalls kann man den Eindruck gewinnen, wenn man sich mal anschaut, was alles so an Müll in der Gegend herumliegt.
Dabei kann man noch nicht einmal behaupten, dieses Problem ließe sich lösen, wenn einfach die Recycling-Programme verbessert würden – so lange einige Arten von Plastikabfall schlich nicht recyclebar sind, nützt das wenig. Auch sind manche Arten des „Recyclings“ treffender mit dem Begriff „Downcycling“ zu beschreiben: Der Rohstoff (z.B. Kunststoff) wird nicht in das Produkt „zurückverwandelt“, als das er ursprünglich eingesetzt wurde, sondern zu anderen, weniger „wertvollen“ Dingen weiterverarbeitet – beispielsweise Styroporbehälter zu diesem schnipseligen Styropor-Verpackungsmaterial. Um dann den „Bedarf“ an Styroporbehältern zu decken (die die Leute weiter kaufen, weil sie sich einreden, ihr Abfall würde ja recycelt), muss wiederum auf unverbrauchte Rohstoffe zurückgegriffen werden.
Die Liste ließe sich vermutlich noch endlos fortsetzen. Habe ich etwas Wichtiges vergessen? Dann ergänzt mich bitte.
Ansonsten schließe ich mit meiner persönlichen Motivation gegen das Totschlagargument „Aber du allein änderst daran ja sowieso nichts“:
Wenn ich schon kein Teil der Lösung sein kann, bin ich wenigstens lieber auch kein Teil des Problems.
(Hier eröffnet sich schon das nächste Thema für einen Beitrag: Warum wir eben DOCH etwas ändern, indem wir unsere eigene Lebensweise optimieren. Ein paar Gedanken dazu hat beispielsweise mein No-Plastic-Idol Beth Terry zu bieten.)
Schlagwörter: Konsum reduzieren: Plastik, Kunststoffarten und Gefahrstoffe, Plastikfrei