
Würde ich diesen ersten Ergebnissen trauen, die ich bekomme, wenn ich Blackle nach den Stichworten „Brot“ und „Ägypten“ frage, dann müsste ich denken, das Nahrungsmittel hätte allenfalls etwas mit der Ururururururururururururur…großelterngeneration heutiger Ägypter*innen am Hut – und auch das wäre natürlich historlisch nicht so ganz korrekt, weil in den Genpool heutiger Ägypter*innen ja auch die Griechen, die Römer, die Araber, die… aber lassen wir das.
Für mich jedenfalls ist aber auch das moderne Ägypten schon lange mit dem vielleicht grundlegendsten aller Nahrungsmittel verbunden, denn während meines Auslandsschuljahrs an der deutschen Schule in Alexandria habe ich gelernt, selbst Brot zu backen (Grundrezept: siehe Ende des Beitrags). „Die alten Ägypter“ mögen schon vor 5000 Jahren mit dem Brotbacken angefangen haben, die Vielfalt der Brotkultur, die ich aus Deutschland gewohnt war, hat sich hier bis heute nicht entwickelt. Oder gibt es vielleicht eine Brot-Subkultur, auf die ich noch nicht gestoßen bin? Den (laut Vereinigung Getreide- Markt- und Ernährungsforschung) rund 300 deutschen Brotsorten standen für mich damals erst einmal drei Alternativen gegenüber: Toast, eine Art süßliches Sandwich-Brot und Fladenbrot. Nun habe ich schon früh gelernt, Toast und reines Weißbrot ein bisschen von oben herab zu betrachten (Health-Snob, anyone?) und in dieser Zeit lernte ich dann auch wirklich, wie unbefriedigend es sein kann, nur diese Brotsorten zu essen. Wie ich mich nach einer Scheibe Vollkornbrot gesehnt habe! Oder der köstlichen Kruste eines Roggenbrots! Eines der Highlights meiner schlimmsten Heimwehzeit war das Dinkelbrot, das mir ein Lehrerehepaar an der deutschen Schule zukommen ließ – die hatten wohl in einer deutschen Bäckerei in Kairo so ihre Quellen.

Dem Fladenbrot allerdings, das muss ich im Nachhinein eingestehen, habe ich zunächst Unrecht getan. Zunächst einmal, indem ich alles, was nicht dicker war als 1 cm, pauschal als „Fladenbrot“ bezeichnete. Dabei gibt es auch hier verschiedene Sorten, beispielsweise „libanesisches Brot“, ein dünnes, weißes Fladenbrot. Am allerwichtigsten in Ägypten ist aber sicherlich aish baladi*, „einheimisches Brot“ bzw. das „Brot des Landes“. Das hocharabische Wort für „Brot“ ist chubs*, dass man in Ägypten stattdessen ein Wort benutzt, das mit dem Wort für „Leben“ verwandt ist, zeigt schon, dass es sich bei dem Nahrungsmittel um ein für das Land äußerst wichtiges handelt: Das Vollkorn-Grundnahrungsmittel wird von der Regierung subventioniert, sodass es auch für Ägypter*innen mit sehr niedrigem Einkommen halbwegs erschwinglich ist. Preissteigerungen haben schon zu Lebensmittelunruhen geführt.
Aber genug der Landeskunde. Warum krame ich also ausgerechnet jetzt wieder meine Backwissen aus der Schublade? Wie bereits in meinem vorangegangenen Post eher wortkarg angedeutet, bin ich seit meinem erneuten Ägypten-Aufenthalt äußerst frustriert über die Omnipräsenz, die Plastik hier hat. Ihr haltet das für naiv, weil man die doch auch in Deutschland beobachten kann? Sicher, und auch dort war ich schon oft frustriert darüber, dass Menschen zu bequem sind, sich und der Umwelt einen haufen toxischen Müll zu ersparen und rechtzeitig an ihre Einkaufstüte zu denken o.Ä. Aber das ist nichts, nichts im Vergleich dazu, wie es hier aussieht.
Inmitten meines Entsetzens über die Berge von Plastik, die ich hier in kürzester Zeit „produzieren“ kann, suchte ich also nach Wegen, wenigstens etwas davon zu vermeiden. Brot schien da ein guter Anfang, denn es ist definitv etwas, das auch ich oft verzehre, und außerdem etwas, das doch sehr gut ohne Plastikumhüllung auskommt, oder? Irrtum. Nichts, absolut nichts scheint in Ägypten ohne schickes Plastikmäntelchen auszukommen. Aish Baladi sieht vielleicht nach archaischem Grundnahrungsmittel aus, wird vielleicht ab und an an altmodisch anwirkenden Pferdekarren-Ständen verkauft – aber bevor es den Besitzer wechselt, wandert es in die Tüte. Ich bin mir sicher, dass man mit entsprechendem Verhandlungsgeschick (oder auch nur ein paar wohlplatzierten Erklärungen, einer netten Bitte) einen Verkäufer findet, der sie einem ohne aushändigt. Aber dafür reicht mein Arabisch leider noch nicht aus.
Also selbermachen. Das führt zwar bisweilen zu seltsamen Formen, aber es funktioniert. Und es entlockt meinen Mit-Praktikantinnen Blicke, als hätte ich gerade eingestanden, irgendeine geheime Superkraft zu besitzen. Mit der Kraft der Hefe… Go, Superkrümelattacke!
Aber mal im Ernst, Brotbacken ist nicht schwer. Ich würde sogar so weit gehen, zu sagen, dass jede*r dazu im Stande ist – spätestens beim zweiten Mal. Wenn ihr es noch nicht ausprobiert habt, dann seid bitte auch nicht zu scheu, es zu tun! Denkt daran… am Ende winkt der Preis. Das hier…

… und euer eigenes Superheld*inn*en-Cape! Yay!
Mein Grundrezept:
1 kg Mehl (Weizen oder Dinkel, reines Roggenbrot würde ich nicht empfehlen… klebt zu sehr! Aber wers mag…)
ca. 10 g Trockenhefe (oder ein Würfel Frischhefe)
ein Schuss Öl (vielleicht eine halbe Tasse?)
Wasser
Salz
Zucker
1. Hefe mit einer Tasse lauwarmem Wasser, etwas Mehl (ca. 1-2 EL) und Zucker (ca. 1 TL) vermischen und ein paar Minuten stehen lassen. Die Hefe fängt dabei an, sich vom Zucker zu „ernähren“ und zu arbeiten. Am Anfang meiner Brotback-Zeit habe ich gelesen, dass Brot besser wird, wenn man die Hefe über Nacht gehen lässt. Einen „Schwamm“ ansetzten wurde das genannt und bestand im Grunde auch nur daraus, die genannte Mischung in ein größeres Gefäß zu tun und in den Kühlschrank zu stellen. Heute bin ich dafür meist zu ungeduldig, aber mag sein, dass es dem Geschmack guttut.
2. Mehl, Öl, Salz und Hefe-Gemisch in eine große Rührschüssel geben und vermischen. Beim Salz würde ich mit ein bis zwei Teelöffeln beginnen (sagen wir, ein moderat gehäufter Löffel) und später noch nach Geschmack zugeben. Unter den Wasserhahn damit und langsam Wasser zugeben. Zwischendurch immer wieder kneten. Wenn alles eine geschmeidige, aber noch nicht flüssige Konsistenz hat, ists genug.
3. Kneten, kneten, kneten. Je länger, desto besser, zumindest aber, bis alles gut vermischt ist. Ca. fünf Minuten sollten reichen. Theoretisch sollte der Teig sich sauber von den Händen lösen, wenn er fertig ist – praktisch ist das nicht immer der Fall. Ein bisschen zusätzliches Mehl kann helfen.
4. Schüssel mit einem sauberen Geschirrtuch o.Ä. bedecken und gehen lassen, bis der Teig etwa das Doppelte seine ursprünglichen Größe hat. Je nach Umgebungstemparatur kann das unterschiedlich lange dauern, ich plane dafür 1-2 Stunden. Wärme beschleunigt den Vorgang, wenn also die Sonne scheint, ruhig nach draußen oder auf die Fensterbank stellen! Wenn es ganz schnell gehen muss, ist es auch möglich, den Backofen auf eine niedrige Temparatur (ca. 50 Grad) zu stellen und den Teig dort abzustellen… aber ich bevorzuge die „natürliche“ Variante. Spart Strom und ich muss mir keine Gedanken darüber machen, ob die Schüssel die Hitze aushält.
5. Nochmals kneten, allerdings nicht so fest, dass der Teig wieder komplett in sich zusammenfällt. Laibe formen und auf ein Backblech legen. Je nachdem, wie klebeanfällig dieses ist, könnte es auch sinnvoll sein, es zuvor mit etwas Öl einzupinseln oder mit Mehl zu bestäuben. Wenn Zeit dazu ist, die Laibe jetzt nochmals abdecken und eine halbe Stunde gehen lassen.
6. Ab in den Backofen! Ich habe noch nicht rausgefunden, ob es einen Unterschied macht, ob der Backofen vorgeheizt ist. Ich für meinen Teil bin geneigt, das Vorheizen für Strom-/Gasverschwendung zu halten und schiebe die Laibe deshalb immer direkt in den Ofen. Dann dauert es je nach Größe der Laibe, Hitze im Backofen (bei mir meist 190 bis 200 Grad Celsius), etc. ungefähr 45-90 Minuten, bis die Brote fertig sind. Einfach nach einer Dreiviertelstunde immer mal wieder nachsehen, ob sie schon schön gebräunt aussehen, evtl. auch mit einem Holzstäbchen hineinstechen (bleibt noch Teig kleben?). Im Zweifelsfall ist es auch kein Problem, das Brot aus dem Backofen zu nehmen, zu halbieren, festzustellen, dass es noch nicht durch ist, und noch mal nachzubacken.
Viel Spaß!
Diesen Beitrag wollte ich eigentlich, zu Ehren des Frauentages, meiner Oma widmen, die eine der wichtigsten Frauen in meinem Leben ist und mir meine ersten Brot- und Brotbackerinnerungen beschert hat. Nun habe ich den Frauentag verpasst, aber meine Oma ist immer noch genauso toll. Dieshier ist also eine „einfach so, weil ich grade Lust habe“-Widmung an meine Oma!
Schlagwörter: backen, Brot, Konsum reduzieren: Plastik